„It’s Bio-Digital Jazz, Man!“
Ich hab mir ein Weilchen überlegt, ob ich überhaupt was zu Tron: Legacy schreiben soll. Denn ich habe den Vorgänger nicht wirklich gesehen (es sei denn knappe 30 Minuten auf Video, TV-Aufnahme mit deutscher Tonspur, die ab der Mitte ausfiel, reichen, um einen Film als „gesehen“ zu bezeichnen), und es fehlte mir, wie ich später bemerken sollte, doch mehr Vorwissen, als ich erwartet hätte. Dennoch war es nicht so, dass ich den Film überhaupt nicht verstand, aber bei einigen Dingen konnte ich nicht so schnell folgen, wie es beispielsweise ein Kenner des Originals tun würde.
Das Sequel des 1982 erschienenen „Tron“ spielt etwa ähnlich viele Jahre nach dem Original und erzählt die Geschichte von Sam Flynn, sowie dessen Vater Kevin Flynn, einem bekannten Spieleprogrammierer und Protagonisten des ersten Teils, der auf mysteriöse Art und Weise verschwunden ist. Als Sam dem Verschwinden nachgeht, wird er durch ein Portal in die virtuelle Realiät gesogen. Er landet im Raster und wird als defektes Programm identifiziert, worauf er sich in einem Arenakampf anderen Gegner im Diskuskampf stellen muss. Nach dem Kampf, den er mit viel Glück und Sturheit überlebt, trifft Sam auf seinen Vater, muss aber bald feststellen, dass das nicht der lang verschollene Kevin Flynn ist, sondern das von diesem erstellte Programm Clu, das die Macht an sich gerissen hat. Er wird von der schönen Quorra gerettet und zu seinem leiblichen Vater gebracht, der resigniert und in sich gekehrt wirkt. Sam erfährt von Clus Gräueltaten auf dem Weg zur perfekten Welt und gemeinsam versuchen Vater und Sohn, die virtuelle Realität durch das sich bald schliessende Portal zu verlassen, doch Clu verfolgt derweil eigene, düstere Pläne.
Im Vorfeld wurde oft die flache Story kritisiert, und ich war echt gespannt, welchen flachen Mist sich die Macher wohl diesmal ausgedacht haben müssen. Dabei ist die Geschichte des Films gar nicht einmal so seicht. Es ist mit Sicherheit kein starker Plot, der sich um diesen Film dreht, aber es hat doch einige interessante Wendungen, und eine gute Grundidee: Was, wenn nicht nur wir in die virtuelle Realität eindringen können, sondern auch die Programme zu uns kommen können? Dass diese Frage nicht konsequent weiter verfolgt wird, und stattdessen in pseudo-tiefgründigem Gedöns erstickt wird, ist eine der zahlreichen Schwächen des Films, die er aber mit seinen Effekten überdecken mag. Denn tiefgründig ist der nun wirklich Film nie. Er schneidet, oder besser, kratzt Themen an, widmet sich aber darauf bereits wieder einer anderen Frage, und tritt sich damit nur selbst in die Eier. Er lässt nicht nur diese, meist eher unwichtigen Fragen unbeantwortet, sondern nimmt sich auch anderer, weit interessanteren Fragen nicht an. Wie beispielsweise [warum Tron aka. Rinzler auf einmal böse ist,] oder welche Eigenschaft die ISOs so besser als die Programme und „normalen“ Menschen macht?
Dass der Film nicht wirklich tiefgründig sein kann, liegt vermutlich auch am uninteressanten Spiel seiner Darsteller. Jeff Bridges, der (und das liess sich aus den 30 Minuten beurteilen) im Vorgänger draufgängerisch und lebendig wirkte, ist hier ziemlich flach, und langweilt bis nervt den Zuschauer mit seinem Möchtegern-Eso-Geschwafel[, sodass keiner ihm eine Träne nachweint, als er es letztlich doch nicht in die Realität zurückschafft]. Von Hayden Christensen-Alter Ego Garrett Hedlund müssen wir gar nicht erst reden, er spielt ähnlich emotionslos, wie sein Filmvater, bzw. dessen Schauspieler. Einzig Beauty Olivia Wilde bringt Feuer in den Film, wenn auch eher verhalten, im Verhältnis zu dem, was Bridges und Hedlund an Mundwinkelverrenkungen beisteuern (oder eben nicht), hilft dies dem Film aber schon stark. Gerade Szenen, wie der Abendessendialog zwischen Flynn Jr. und Sr. werden hierdurch angenehm aufgelockert. Auch eine Bereicherung für den Film ist Michael Sheen als Zuse, das erste Betriebssystem, der so durchgeknallt und hinterhältig ist, dass man dem Riddler, der ja jetzt nicht im dritten Batman-Film ist, nachtrauert. Denn das wär mit Sicherheit ein grossartiger Riddler gewesen. A propos Batman: Cilian Murphys Beitrag finde ich dagegen eher unnötig, zwar schön, einen solchen Schauspieler an Bord eines solchen Films zu sehen, aber wenn er nur gefühlte 2 Minuten Szene hat, und das erst noch hinter einer Brille und viel Bart versteckt… naja, nicht wirklich das Wahre.
Ebenfalls nicht wirklich das Wahre ist, und es bricht mir beinahe das Herz, da ich mich speziell darauf gefreut hatte, der Soundtrack. Von Daft Punk. VON DAFT PUNK! Zu Beginn des Films donnert die Musik der beiden Franzosen nur so rein, und wird von orchestralen Klängen untermalt, mit der Zeit übernehmen jedoch diese zunehmend, sodass von Daft Punk nicht mehr viel zu hören ist, dafür ein Soundtrack, der so ersetzbar und so aussageschwach ist, wie das „Legacy“ im Filmtitel. Gegen Ende schalten sich wieder die beiden Franzosen ein und liefern wieder Klänge, wie wir (oder ich, denn wie es scheint, bin ich mit meiner Enttäuschung allein) sie gerne hören – fetzig, dröhnend und ohrwurmtauglich. Doch es ist irgendwie allgemein zu viel Orchester und zu wenig Daft Punk. So unterstützen Daft Punk zwar die spannenden Szenen mit ihrer Musik, sobald es aber etwas ruhiger zugeht, fällt ihnen nicht mehr viel ein, und sie überlassen die Arbeit den Streichern. Folglich fällt es mir eher schwer, die Freude über den Soundtrack zu verstehen, ich finde ihn eher… mööh. Dennoch: Ein Beispiel für das Gelingen des Spagats Orchester und Daft Punk-Sound ist beispielsweise der Track „Outlands“:
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Ebenfalls von allen Kritiken hochgelobt wurden die Effekte, und hier kann ich völlig zustimmen. Ich bezeichne Tron: Legacy sogar als den grössten Effektporno seit und neben Avatar, mir jedenfalls ist kein Film untergekommen, der solch grossartige und bombastische Effekte enthält und dem es so gekonnt gelingt, seine Storyschwächen mit seiner geballten Bildgewalt wettzumachen. Abgesehen von Avatar eben. Die ersten Arenaduelle sind erst Vorgeschmack dessen, was der Film noch zu bieten hat, sein ganzes Kaliber zückt er beim Ben-Hur nicht unähnlichen Lightcycle-Rennen. Gegen den Schluss gipfelt die Action in einer Verfolgungsjagd auf Lightgleitern, die ausserdem sehr an einzelne Szenen aus Star Wars und Iron Man erinnert. Tron: Legacy zieht nie direkte Parallelen, aber dass er sich an anderen Filmen orientiert und inspirieren lässt, ist offensichtlich. Mit seinem Sound und den Automatengame-ähnlichen Kämpfen wäre der Film zudem vermutlich gerne eine Hommage an die Arcade-Generation, anderen Filmen ist dies jedoch deutlich besser gelungen. Doch das ist ja auch nicht wirklich schlimm.
Letztlich bleiben von Tron: Legacy die guten Effekte in Erinnerung. Und diese reichen allemal für eine positive Erinnerung. Ob es nun einen dritten Teil (der ausserdem als Start einer neuen Trilogie ausgelegt werden soll) oder eine TV-Serie wirklich braucht, sei mal dahingestellt, Fakt ist, dass der Film zündet. Mit über 360 eingespielten Millionen geht die Rechnung der Macher offensichtlich auf, Tron: Legacy ist bereits der zwölfterfolgreiche Film des vergangenen Jahres, und er läuft in vielen Ländern erst seit Kurzem, was noch einige Milliönchen verspricht.