„You want society to accept you, but you can’t even accept yourself.“
Zuoberst auf meiner Liste der Highlights für das Jahr 2011 stehen, bzw. standen „Pirates of the Caribbean: On Stranger Tides“ und „Captain America: The First Avenger“. Dahinter reihen sich solche „Könnten-noch-was-werden“-Filme wie „Thor“ oder „Transformers: Dark of the Moon“ ein. Oder eben X-Men: First Class. Als erste Informationen zum Film heraussickerten, merkte ich aber, dass mich der Film durchaus begeistern könnte, eine Hoffnung, die die genialen Trailer ebenso schürten, wie sie die schrecklichen Poster zunichte zu machen drohten. Letzten Endes überwog aber die Freude auf dieses Prequel, und so zählte auch die „Erste Entscheidung“ zu meinen Must-Sees 2011.
Als der junge Erik Lensherr 1944 in einem Konzentrationslager aus Wut mit blossen Händen einen Zaun verbiegt, wird der finstere Dr. Schmidt auf ihn aufmerksam. Mit brutalen Methoden bringt er Erik dazu, seine spezielle Kraft weiter zu entwickeln. Erik überlebt das KZ jedoch und trachtet Jahre später, zur Zeit des kalten Krieges, nach Rache an Schmidt, der nun unter dem Namen Sebastian Shaw lebt. Dabei trifft er auf den smarten Telepathen Charles Xavier, der auf der Suche nach Mutanten ist, um Shaw seinerseits zu stoppen, einen 3. Weltkrieg anzuzetteln. Die beiden spannen zusammen und mit der Hilfe einiger junger Mutanten stellen sie sich Shaw und seinen Gefolgsleuten entgegen.
Der Film orientiert sich an Geschehnissen des Kalten Kriegs, vorallem an der sogenannten Kubakrise, als eine Eskalation des Krieges drohte. Dieses Ereignis nutzen die Macher des Filmes aus, und spinnen darum ihre Story über Freundschaft und Vertrauen, Zweifel und Verrat. Wie es ausgeht wissen wir dank den Vorgängerfilmen zwar, dennoch bleibt bis zum Schluss spannend, wie sich die Freundschaft zwischen Magneto und Professor X zu jener „Live and let Live“-Situation entwickelt, vor der wir in den alten Filmen stehen. Zum Tragen kommt dabei, wie behutsam Regisseur Matthew Vaughn mit den Figuren seines Films umgeht – er räumt ihnen den nötigen Platz ein, den sie brauchen, um sich zu entwickeln, er beleuchtet ausführlich ihre Beweggründe, ihre Ziele und die inneren Dämonen, mit denen sie zu kämpfen haben und formt so spannende Charaktere, mit denen sich der Zuschauer rasch identifizieren kann. So ist der Film nur noch schwer als Action-Spektakel zu bezeichnen, nimmt er sich und seine Figuren dafür zu ernst – und das zu Recht.
Einen grossen Teil des Erfolgs und der Glaubwürdigkeit des Films muss man auch den Darstellern zuschreiben, die einerseits grossartige Performances abgeben, andererseits ihre Hausaufgaben gut gemacht haben, und die Mimik und Gestik ihrer Vorgänger gut zu adaptieren wissen. Es ist lange her, dass mich in einem Blockbuster ein Schauspieler so sehr überzeugt hat, wie Michael Fassbender in der Rolle des Magneto bzw. Erik Lensherr. Getrieben von Rachelust und enttäuscht von der Menschheit sucht er sich nur mit Mühe seinen Weg in dieser Welt, die seinesgleichen scheut. Alleine die Szene in Argentinien zeigt, wie richtig es war, Fassbender das Erbe des grossen Ian McKellen antreten zu lassen. Sein Gegenüber, Charles Xavier aka Professor X, gespielt vom bestechenden James McAvoy kennt dieses Leid nicht, kann aber mit seiner Weisheit bereits in jungen Jahren viel Vertrauen sammeln. Gemeinsam stehen sie einem Feind gegenüber, der das Ende der Menschheit will, dem Energie absorbierenden Sebastian Shaw. Gespielt wird dieser von Kevin Bacon, der abgesehen von einigen Deutsch-Versäumnissen einen unglaublich düsteren und authentischen Bösewicht markiert, wenn auch seine Beweggründe etwas weit hergeholt zu sein scheinen.
Der neueste X-Men-Film schlägt eine Richtung ein, die nicht nur mich zu begeistern scheint, sondern wie es scheint auch einen grossen Teil der Kritiker. In seiner Zeitepoche gut verankert und realistisch (so gut es für einen X-Men-Streifen halt geht), spektakulär und mit Tiefgang. Wahrlich, „X-Men: First Class“, ist was der Titel verspricht – einfach Erste Klasse!