Ginge es nach mir, würde das Unwort des Jahres (vermutlich passt das aber noch besser zum kommenden Jahr) Reboot lauten. „Reboot“ ist zu einem Begriff verkommen, der für die mangelnde Kreativität einiger Filmeschaffenden steht – statt sich neue Geschichten auszudenken oder zumindest neue Themenbereiche zu erschliessen, wird einfach dieselbe Suppe noch einmal gekocht, wobei man die Zutaten ein bisschen abändert, und das Ganze als superneue Kreation verkauft. Doch was sind Reboots genau, wann sind sie gerechtfertigt und welchen Filmen droht ein Reboot?
Zum besseren Verständnis sollte man die Herkunft des Wortes „Reboot“ kennen. Der Begriff ist ursprünglich technischer Natur und beschreibt laut Wikipedia „das erneute Hochfahren (Booten) des Computers, wenn dieser bereits eingeschaltet ist.“ Er setzt sich zusammen aus der Vorsilbe „Re“ für „wieder, erneut, von vorne“ und dem englischen „to boot“, was soviel heisst wie „kicken, anstossen“. Folglich steht der Begriff „Reboot“ für ein erneutes Anstossen, einen Neuanfang, was ja auch dem entspricht, was man unter einem filmischen Reboot versteht – das Wiederbeleben eines totgefickten Franchises oder einer Filmreihe.
Warum man so etwas macht? Das kann diverse Gründe haben. Wenn beispielsweise das Studio plant, eine erfolgreiche Reihe noch lange weiterzuführen, aber die Schauspieler oder der Regisseur aussteigen. Manchmal kann man noch Ersatz finden, aber wenn die Reihe vom Darsteller abhing oder der Regisseur der ganzen Saxge seinen Stempel aufdrückte, ist das nicht oder nur mit Abstrichen möglich. Oft ist ein Reboot mit neuen Darstellern und einem „neuen“ Konzept der erfolgversprechendere und angenehmere Weg, wie man das Publikum ins Kino locken kann. Manchmal bleiben aber die Regisseure und die Darsteller bei einer Reihe, bis diese so schlecht läuft, dass es keine Fortsetzungen mehr gibt. Das Studio möchte aber gerne neue Filme machen, kann es sich aber nicht leisten, weil schon die Vorgänger so schlecht liefen, dass weitere Filme wohl kaum rentieren würden. Das einzige, was dem Franchise in diesem Fall hilft ist ein radikaler Neuanfang, der dann den Fans auch zeigt, dass man anscheinend aus den Fehlern des ersten Versuchs gelernt hat, und es neu und besser versuchen will.
Gegen diese Vorgehensweisen habe ich im Grunde auch nicht viel einzuwenden – warum soll man eine Vorlage nur einmal verfilmen dürfen, wenn es vielleicht neue Aspekte gibt, die im ersten Versuch noch nicht behandelt wurden? Das beste Beispiel hierfür ist meiner Meinung nach die Batman-Reihe von Tim Burton und Joel Schuhmacher, die 2005 durch Chris Nolans düsteren „Batman Begins“ ein einzigartiges Revival erlebte, und dessen Sequel „The Dark Knight“ sogar Filmgeschichte schrieb. Das ist tatsächlich lobenswert, und beweist, dass Fans einer Story durchaus eine zweite Chance geben – sofern diese auch wirklich neu umgesetzt wurde. Aber eben – es muss eine deutliche Veränderung geben, dass man meinen Goodwill auf sicher hat.
Zudem ist ein wichtiger Faktor, dass ich mich für ein Reboot ausspreche, die Zeit. Ein Franchise wie Sam Raimis „Spider-Man“ weckte das Comicfilm-Genre aus seinem Dornröschenschlaf und prägte nicht nur Generationen, aber auch das Bild der menschlichen Spinne Peter Parker. Dass erst fünf Jahre nach dem letzten Teil, und nachdem nicht nur Tobey Maguire, aber auch Sam Raimi und Kirsten Dunst den Bettel schmissen, ein Neuanfang folgt, finde ich unter diesem Gesichtspunkt recht fragwürdig – zumal das Publikum und die Popkultur das noch nicht vergessen und verdaut hat. Man wird sich dadurch nicht nur am Box Office beweisen müssen, sondern auch permanent den Kampf mit dem Vorgänger ausfechten- und wird auch entsprechend daran gemessen. Ob das für eine Neuausrichtung die richtigen Voraussetzungen sind, das wage ich zu bezweifeln.
Es geht also nicht darum, festzulegen, wann ein Reboot folgen darf, und wann nicht, sondern wie sehr es noch in den Köpfen der Zuschauer verankert ist. Frage ich Leute nach Batman-Filmen, antworten sie mit Chris Nolan (oder die filmisch weniger bewanderten mit Heath Ledger), und nicht mit Tim Burton (oder Jack Nicholson). Weil Burtons Filme, so gut sie waren, die Zeit, zu der sie erschienen, nicht prägten. Reboots dieser Art legen sich damit keine Steine in den Weg, über die sie stolpern könnten, wodurch sie dem Franchise nur noch mehr schaden.
Aktuelle Filmreihen mit einem Reboot, oder solche, die einem Reboot entgegenblicken, sind die Folgenden:
- Tim Burtons Batman (1989 – 1997) / Christopher Nolans Batman (2005 – 2012) / Grund für das Reboot: Fataler Misserfolg der letzten zwei Filme
- Star Trek (1979 – 2002) / Star Trek (2009 – 2012) / Grund für das Reboot: Misserfolg der letzten Filme
- Spider-Man (2002 – 2007) / The Amazing Spider-Man (2012) / Grund für das Reboot: Hauptdarsteller stiegen aus „Spider-Man 4“ aus
- Superman (1978 – 2006) / Man of Steel (2012) / Grund für das Reboot: Misserfolg des letzten Teils
- Christopher Nolans Batman (2005 – 2012) / Batman? / Grund für das geplante Reboot in Form von 7 Teilen: Nolan & Bale steigen mit „The Dark Knight Rises“ aus, und Warner Bros. verliert mit „Harry Potter“ Zugpferd Nummer 1
- Transformers (2007 – 2011) / Transformers? / Grund für das in Erwägung gezogene Reboot: Ausstieg von Michael Bay und Shia LaBeouf
- Peter Jacksons The Lord of the Rings (2001 – 2003) / David Yates‘ The Lord of the Rings (2015) / Grund für das in Erwägung gezogene Reboot: Weil ich euch ja auch verarschen musste…
- X-Men (2000 – 2009, 2011) / X-Men? / Grund für das in Erwägung gezogene Reboot: Misserfolg von „X-Men: The Last Stand“ und „X-Men Origins: Wolverine“, „X-Men: First Class“ ist gewissermassen Reboot der Reihe, und doch nicht wirklich.
- Jurassic Park (1993 – 2001) / Jurassic Park? / Grund für das in Erwägung gezogene Reboot: Steven Spielberg wünscht sich eine aktualisiertere Version des Dino-Terrors
Der Vollständigkeit halber auch noch bekannte Remakes (Remake = einzelner Film neu gedreht / Reboot = ganze Reihe neugestartet), nicht mit eingerechnet Ami-Remakes von fremdsprachigen Filmen, sowie alten Klassikern.
- Hulk (2003) / The Incredible Hulk (2008) / Grund für das Remake: Klarer Misserfolg des ersten Versuchs
- Captain America (1990) / Captain America: The First Avenger (2011) / Grund für das Remake: Deutlicher Misserfolg des damaligen Films