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Scheibenkritiken #2

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Huch, schon wieder Musik. Korrekt. Und das ist nur ein Bruchteil jener Musik, die in den letzten Wochen auf mein OwleyPhone gewandert ist (weshalb ich nun dringend eins mit mehr Platz brauche) und da bietet es sich doch an, ein altes Schema zu… äh… recyclen. Ja. Oder so.

Undiscovered Soul – Dresscode Love

„He had all, but he got nothing.“

Eine Rockband, die aus sieben Mitgliedern besteht, ist schon ein bisschen etwas Spezielles. Und als ich mir die Bandaufstellung von Undiscovered Soul vom Bassisten Rease erklären liess, fiel nicht nur auf, dass die Band zeitweise mit drei Gitarristen spielte, sondern auch, dass die Band mit einem Cellisten spielt – ebenfalls etwas, was nicht zu einer Klischee-Rockband passt. Doch eine solche stellen die Thuner Jungs von Undiscovered Soul auch nicht. Auch wenn ihr Erstling „Dresscode Love“ zeitweise nach Strokes, Mando Diao, Kooks und wie sie alle heissen, klingt. Aber so ist das nunmal mit Rock, es gibt soviele Bands, dass man kaum mehr was machen kann, ohne irgendwo wie eine andere Band zu klingen – schon gar nicht auf dem ersten Album. Wenn Undiscovered Soul dieses Kunststück doch gelingt, ist dies nicht zuletzt dem charismatischen Sänger Jay zuzuschreiben, der mit seiner voluminösen Stimme den Songs einen ganz speziellen Touch gibt. Highlights des vielseitigen Albums sind daher auch jene Songs, in denen Jay so richtig Gas gibt – wie etwa „Nothing“, „Lovin‘ Aint Always Easy“ oder der sehr funkige Song „Stray Around“.

Und dann noch eine Bitte: Man möge bitte künftig täglich folgendes Portal aufsuchen, und im 24-Stunden-Takt den „Vote“-Button klicken. Auf dass die sieben Jungs bald wieder das Gurten rocken. Oder das Volkshaus. Oder sonst was.

[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=hXaQTkIC5x4]

– 23. März 2011 (kein Label)

Digitalism – I Love You, Dude

„And so you run! And then you run!“

Die beiden Hamburger von Digitalism werden gerne mal als Nachfolger von Daft Punk bezeichnet. Das ist aus zweierlei Gründen völliger Schwachsinn: Erstens braucht Daft Punk keine Nachfolger, schliesslich gibt es sie ja noch und das immer noch in Höchstform, und zweitens ist Digitalism zwar gut, aber noch lange nicht so genial wie das französische Duo. Was weiter auch nicht wirklich schlimm ist, denn sie spielen einfach in einer anderen Liga – dort aber sehr erfolgreich. Die Kombination aus Electronic, House und einer Spur Noise gefällt und besticht durch den die grosse Variabilität der Tracks, die ihren Höhepunkt im Track „Forrest Gump“ erreicht, der von Strokes-Man Julian Casablancas mitgeschrieben wurde. „I Love You, Dude“ ist zum Glück auch ein wortkarges Album, das grösstenteils aus Instrumentals besteht und so gut als Hintergrund- oder Chillsound genutzt werden kann, aber auch in einigen Clubs nicht ganz fehl am Platz wäre.

[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=xymjDyGIvQ4]

– 17. Juni 2011 (V2)

SuperHeavy – SuperHeavy

„On the rise and fall like the storm, we stand on Jah man, we set the bar.“

Der Hauptvorwurf, der SuperHeavy schon im Vorfeld gemacht wurde, war, dass die Supergroup den Fokus zu sehr und zu offensichtlich auf Mick Jagger setzte – eine Kritik, die ich nicht ganz verstehen konnte, zumal der Stones-Frontmann mit Abstand die bekannteste Figur in diesem Genre-Potpourri war, und er nunmal als Kopf der Gruppe verkauft wurde. Doch leider gilt das nur für den Marketingauftritt, spätestens beim ersten Track ist Schluss damit. Dem Album fehlt jegliche Organisation und man kriegt das Gefühl jeder Song wurde nach dem Schema „Wer hat noch nicht, wer will nochmal?“ geschrieben. Am Besten klappt es auch, wenn man Bob Marleys jüngstem Sohn Damian das Zepter überlässt. So zum Beispiel im Titeltrack „SuperHeavy“ oder der Single-Auskopplung „Miracle Worker“. Ebenfalls sehr gelungen ist die Hymne „Satyameva Jayate“ („Die Wahrheit allein siegt“, indischer Wahlspruch) aus der Feder des indischen Komponisten A.R. Rahman. Ansonsten passt nur wenig zusammen. Allgemein, und das muss man unterstreichen, ist „SuperHeavy“ kein schlechtes Album, sogar sehr gelungen – nur sollte man im Falle eines nächsten Releases etwas mehr Struktur ins Ganze bringen, denn die Scheibe ist alles andere als Super oder gar Heavy.

Für das Albumdesign ist zudem der amerikanische Künstler Shepard Fairey verantwortlich, der auch schon Obamas „Hope“-Poster gestaltete und im Film „Exit Through The Gift Shop“ einen Auftritt hatte.

[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=MTF7T1Nw5OU]

– 16. September 2011 (AM Records)

James Morrison – The Awakening

„How can I find you, when you’re always hiding from yourself?“

Auf die Frage nach dem Titel seines Albums antwortete James Morrison „I want to write about this idea of an awakening of some kind.“ Man kann ihm nun – ziemlich berechtigt – vorhalten, dass das nicht gerade die kreativste Erklärung für seinen Albumtitel ist, aber es bringt dafür den Inhalt des Albums völlig auf den Punkt – nach zwei Alben voller jazzig-poppiger Liebessongs klingt „The Awakening“ ganz erfrischend, als wäre Morrisons mit der Zeit abgegriffener Sound aus dem Tiefschlaf erwacht – und das ohne die Unverkennbarkeit, die sich der junge Brite schon nach dem ersten Album angeeignet hatte, zu verlieren. Balladen mit Songwriter-Flair, Duette und ruhigere Titel geben sich auf „The Awakening“ die Hand und machen James Morrisons drittes Album zu einem Erlebnis, das zwar zu keinem Zeitpunkt so gut wie sein Erstling „Undiscovered“ ist, fehlen doch die eingängigen Melodien und Ohrwürmer, aber immerhin schon deutlich besser als der teilweise Fehlgriff eines „Songs For You, Truths For Me“ dasteht.

[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=sgRb_lfIZ6A&ob=av2e]

– 22. September 2011 (Universal Island Records)

  • Damian

    Und Dresscode Love ist ja übrigens gratis…also man darf aber auch zahlen. Musste noch erwähnt werden…

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  • Dr. Borstel

    Dieser ganze Indie-Brei hängt mir gerade ein bisschen zum Hals raus, trotzdem klingen Undiscovered Soul nicht schlecht, ein bisschen nach Kilians, merke ich mir. Zu SuperHeavy hat die SpOn-1/10-Kritik eigentlich alles gesagt, was es zu sagen gab. Das Morrison-Video ist im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation natürlich nicht verfügbar, aber ich nehme an, früher oder später wird der Song eh aus jedem Radio plärren.

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  • Dr. Borstel

    Ach, mit Indie passiert gerade das, was mit Alternative passiert ist, seit Nickelback und Sunrise Avenue sich Alternative nennen. Seit den letzten Alben von Mando Diao und Franz Ferdinand ist (britischer) Indie eigentlich mehr oder weniger tot, da passiert nichts mehr. In Deutschland immerhin sieht’s noch ganz okay aus …

    Digitalism klingt halt nach Standard-House. Nicht so schlimm wie der Müll, der auf Abi-Partys rauf und runter läuft, aber auch nicht sonderlich interessant.

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  • Julian

    Miracle Worker ist aber schon ein geiler Song! Vielleicht der beste Jaggersong seit 20 Jahren. Aber seien wir mal ehrlich: Wenn Joss Stone irgendwo mitmacht, kann es nicht gut sein. Das ist so ein Gesetz für sich.

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  • Streifenkritiken « Ploppers Wörld

    […] doch zu. Daher also nun die volle Dröhnung in kurzen und knappen Meinungen. Ganz im Stil jener Meinungen zu […]

  • Dr. Borstel

    Aber das, was wir in erster Linie mit Indie assoziieren, ist nun mal hauptsächlich von den britischen Gitarrenbands der letzten Jahre, namentlich Kooks, Libertines, Arctic Monkeys, Franz Ferdinand usw. beeinflusst -> Mando Diao, Kings of Leon, blub. Alles lahm geworden. Klar heißt das nicht, dass Independendmusik tot ist, denn es gibt ja noch so wunderbare Subgenres wie Shoegaze, Post-Rock, Chillwave, Indie-Folk usw. Aber Gitarren-Indie-Rock hängt mir einfach derbe zu den Ohren raus.

    (Es sei denn, mit guten deutschen Texten. Bei englischsprachigen Songs hör ich halt meist nur die Gitarren und nicht den Text. My bad.)

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