Letzten Abend habe ich eine Lücke in meinem Filmwissen geschlossen, die mich schon eine Weile gestört hat. Wollte ich Watchmen noch im Kino sehen, so schob ich den DVD-Kauf ob der gemischten Kritiken hinaus. Als meine Schwester dann die DVD gewann (es liegt wohl in der Familie :P) beschlossen wir, ihn gemeinsam zu gucken. Ob das nun wirklich eine gute Idee war?
Nachdem mir eine Kollegin gesagt hatte, dass der Film „son komischer Superheldenfilm“ sei, nahm ich an, es läge an ihrem mangelnden Superheldenfilmkenntnis. Ist ja nicht jedermanns Sache. Man musste aber keine Superheldenfilme kennen, um diesen geerdeten Superheldenfilm zu verstehen. Ich nahm auch an, dass man den Comic kennen musste, um ihn zu begreifen. Trifft wohl eher zu, aber am ehesten passt wohl, dass man den Comic verstehen muss, um den Film zu verstehen. Sonst gehen nämlich die ersten 30 Minuten schon flöten. Der Einstieg in den Film ist holprig, aber man findet glücklicherweise hinein. Wenn man auch immer wieder das Gefühl hat, dass einem irgendwas vorenthalten bleibt. Es bleibt die Hoffnung auf eine Auflösung zum Schluss. Doch auch diese Hoffnung wird letztlich enttäuscht, denn man ist am Ende nicht schlauer, als man es zu Beginn war.
Denn anstatt sich aufzulösen, verstrickt sich die Story je länger, je mehr in den neuen Wendungen, die sie nimmt. Hinzu kommt die Länge, die einem wirklich den letzten Nerv rauben mag. 155 Minuten sind schon obere Grenze und die Langatmigkeit des Films mag diese nicht wirklich zu drücken, vielmehr sorgt sie dafür, dass man gerne mal einnickt. Ich sehe das Problem vorallem darin, dass man versucht jede gestellte Frage zu beantworten, jeden Strang der Geschichte auch wirklich fertig zu spinnen und jeder Figur ein Ende geben, ob mittels Tod oder mittels Happy End. Im Grunde wäre die Geschichte nämlich gar nicht zu verteufeln.
Wir befinden uns im kalten Krieg und eine Gruppe alternder Superhelden (oder in manchen Fällen auch noch die zweite Generation), bekannt als die Watchmen, versucht, nachdem ihnen das Superhelden-Sein verboten wurde, ein ruhiges Leben zu leben. Doch die Helden kommen unterschiedlich mit der neuen Situation klar und halten sich mehr oder weniger an die neue Verordnung. Plötzlich wird der Comedian, einer der Helden, ermordet aufgefunden. Die Watchmen machen sich auf die Suche nach der neuen Bedrohung und merken, dass nicht nur sie, sondern auch die ganze Welt bedroht ist. Der Gedanke, die gespaltene Erdbevölkerung mit einer dritten Partei, die beide gleich angreift, zu einen, halte ich nicht mal für so unrealistisch. Nur macht für mich der Film zu wenig aus dieser Vorlage.
Stattdessen reduziert er den Plot auf ein Superheldengeballere und gefühlte fünf Sex- oder Fightingszenen allein mit Silk Spectre II. Obwohl, gegen ersteres habe ich nicht mal etwas einzuwenden. Ehrlich. Mich stört vor allem das zweite, bzw. die viele Gewalt, die man im Film gerne etwas zurückschrauben hätte können. Auch wenn es unterstreicht, wie menschengleich diese „Helden“ sind, wirkt es wie auch in anderen Zack Snyder-Filmen, als sei es dem Regisseur ein Anliegen, damit zu polarisieren. Er trägt die Gewalt und den Sex so dick auf, dass er damit rechnen kann, auf Unverständnis zu stossen. Diese Gewaltgeilheit stört mich, und nicht die Gewalt an sich. Diese Gewalt wird jedoch durch die musikalische Untermalung jeweils gut abgeschwächt, aber auch parodiert.
Die Musik sorgt im Film ohnehin für die meisten Lacher – und nicht die Figuren selbst, und wenn, dann meist für unfreiwillige, weil sie wieder mal unverständlichen Kram labern. Aber zurück zur Musik. Wie bereits oben angesprochen, schwächt die Musik brutale Szenen ab, oder macht aus den Sexszenen ironische Pointen. So läuft beim Sextrip im Watchmen-Mobil (ich bin Schweizer, ich darf es so nennen) Leonard Cohens „Hallelujah“ oder bei der Zerstörungsszene von Dr. Manhattan im Vietnam der „Walkürenritt“ (by the love of god, dieser Track verfolgt mich!!), was ja wieder eine Anspielung an Apocalypse Now ist. Das rettet den Humor, den eher billige Pointen und Sprüche nicht hinkriegen. Ausgenommen die Witze zum kleinen Knastinsassen von Rorschach. Die hauen hin.
Was aber nur mittelmässig klappt, sind die Beziehungen, die man zu den Figuren aufbauen sollte. Bei den zwei, wie ich finde, interessantesten Charakteren, dem Comedian und Rorschach, klappt das noch ganz gut. Ich litt richtig mit, als Rorschach sein „Gesicht“ verlor, bzw. ihm seine Maske abgenommen wurde. Und auch wenn man sich wahrscheinlich nur schwer mit dem Comedian identifizieren kann, so ist es doch zumindest keine Figur, die einen kalt lässt. Beide werden ganz herrlich von Jeffrey Dean Morgan (Comedian) und Jackie Earle Haley (Rorschach), die beide ausserdem einen weit jünger wirkenden Charakter darstellen. Vielleicht liegt es auch daran, dass es vorallem diese zwei Figuren sind, deren Vergangenheit am stärksten betrachtet wurde. Umso enttäuschender, dass genau diese beiden Figuren ins Gras beissen müssen.
Nicht überzeugt haben mich dagegen die restlichen Watchmen. Der von Billy Crudup porträtierte Dr. Manhattan hat mich mehr verwirrt, als irgendwie zu überzeugen vermocht, und war wahrscheinlich die Figur, die mir am meisten am Arsch vorbei ging. Aber auch Malin Akerman als verführerische Silk Spectre II machte nicht mehr her, als das, wofür sie gecastet wurde – den Sex-Appeal. Schauspielerisch blieb sie blass, genau wie ihr Lover Nite Owl, dargestellt von Patrick Wilson. Dieser zeigt sich nur von seiner schlechtesten, weichlichen Seite und kriegt von mir ein dickes Bäh. Allein schon optisch versagt der „Bösewicht“ Ozymandias, der anders, als die anderen Watchmen, kaum Screentime kriegt. Ist auch besser so, denn für einen Antagonisten ist Matthew Goodes Verkörperung eine Nummer zu klein. Oder zwei.
Es ist nicht so, dass Watchmen in allen Punkten versagt. Man täte damit dem Film Unrecht. Aber ein Muss ist er auch nicht, und die Gefahr, dass er dem Zuschauer verleidet, ist zu gross. Ob man bei anderer Handhabung näher beim Comic gewesen wäre, oder davon abgewichen wäre, kann ich nicht sagen, da ich den Comic nicht kenne. Allein betrachtet ist der Film aber eher misslungen, als gelungen.