fbpx

Watchmen (2009)

Letzten Abend habe ich eine Lücke in meinem Filmwissen geschlossen, die mich schon eine Weile gestört hat. Wollte ich Watchmen noch im Kino sehen, so schob ich den DVD-Kauf ob der gemischten Kritiken hinaus. Als meine Schwester dann die DVD gewann (es liegt wohl in der Familie :P) beschlossen wir, ihn gemeinsam zu gucken. Ob das nun wirklich eine gute Idee war?

Nachdem mir eine Kollegin gesagt hatte, dass der Film „son komischer Superheldenfilm“ sei, nahm ich an, es läge an ihrem mangelnden Superheldenfilmkenntnis. Ist ja nicht jedermanns Sache. Man musste aber keine Superheldenfilme kennen, um diesen geerdeten Superheldenfilm zu verstehen. Ich nahm auch an, dass man den Comic kennen musste, um ihn zu begreifen. Trifft wohl eher zu, aber am ehesten passt wohl, dass man den Comic verstehen muss, um den Film zu verstehen. Sonst gehen nämlich die ersten 30 Minuten schon flöten. Der Einstieg in den Film ist holprig, aber man findet glücklicherweise hinein. Wenn man auch immer wieder das Gefühl hat, dass einem irgendwas vorenthalten bleibt. Es bleibt die Hoffnung auf eine Auflösung zum Schluss. Doch auch diese Hoffnung wird letztlich enttäuscht, denn man ist am Ende nicht schlauer, als man es zu Beginn war.

Denn anstatt sich aufzulösen, verstrickt sich die Story je länger, je mehr in den neuen Wendungen, die sie nimmt. Hinzu kommt die Länge, die einem wirklich den letzten Nerv rauben mag. 155 Minuten sind schon obere Grenze und die Langatmigkeit des Films mag diese nicht wirklich zu drücken, vielmehr sorgt sie dafür, dass man gerne mal einnickt. Ich sehe das Problem vorallem darin, dass man versucht jede gestellte Frage zu beantworten, jeden Strang der Geschichte auch wirklich fertig zu spinnen und jeder Figur ein Ende geben, ob mittels Tod oder mittels Happy End. Im Grunde wäre die Geschichte nämlich gar nicht zu verteufeln.

Wir befinden uns im kalten Krieg und eine Gruppe alternder Superhelden (oder in manchen Fällen auch noch die zweite Generation), bekannt als die Watchmen, versucht, nachdem ihnen das Superhelden-Sein verboten wurde, ein ruhiges Leben zu leben. Doch die Helden kommen unterschiedlich mit der neuen Situation klar und halten sich mehr oder weniger an die neue Verordnung. Plötzlich wird der Comedian, einer der Helden, ermordet aufgefunden. Die Watchmen machen sich auf die Suche nach der neuen Bedrohung und merken, dass nicht nur sie, sondern auch die ganze Welt bedroht ist. Der Gedanke, die gespaltene Erdbevölkerung mit einer dritten Partei, die beide gleich angreift, zu einen, halte ich nicht mal für so unrealistisch. Nur macht für mich der Film zu wenig aus dieser Vorlage.

Stattdessen reduziert er den Plot auf ein Superheldengeballere und gefühlte fünf Sex- oder Fightingszenen allein mit Silk Spectre II. Obwohl, gegen ersteres habe ich nicht mal etwas einzuwenden. Ehrlich. Mich stört vor allem das zweite, bzw. die viele Gewalt, die man im Film gerne etwas zurückschrauben hätte können. Auch wenn es unterstreicht, wie menschengleich diese „Helden“ sind, wirkt es wie auch in anderen Zack Snyder-Filmen, als sei es dem Regisseur ein Anliegen, damit zu polarisieren. Er trägt die Gewalt und den Sex so dick auf, dass er damit rechnen kann, auf Unverständnis zu stossen. Diese Gewaltgeilheit stört mich, und nicht die Gewalt an sich. Diese Gewalt wird jedoch durch die musikalische Untermalung jeweils gut abgeschwächt, aber auch parodiert.

Die Musik sorgt im Film ohnehin für die meisten Lacher – und nicht die Figuren selbst, und wenn, dann meist für unfreiwillige, weil sie wieder mal unverständlichen Kram labern. Aber zurück zur Musik. Wie bereits oben angesprochen, schwächt die Musik brutale Szenen ab, oder macht aus den Sexszenen ironische Pointen. So läuft beim Sextrip im Watchmen-Mobil (ich bin Schweizer, ich darf es so nennen) Leonard Cohens „Hallelujah“ oder bei der Zerstörungsszene von Dr. Manhattan im Vietnam der „Walkürenritt“ (by the love of god, dieser Track verfolgt mich!!), was ja wieder eine Anspielung an Apocalypse Now ist. Das rettet den Humor, den eher billige Pointen und Sprüche nicht hinkriegen. Ausgenommen die Witze zum kleinen Knastinsassen von Rorschach. Die hauen hin.

Was aber nur mittelmässig klappt, sind die Beziehungen, die man zu den Figuren aufbauen sollte. Bei den zwei, wie ich finde, interessantesten Charakteren, dem Comedian und Rorschach, klappt das noch ganz gut. Ich litt richtig mit, als Rorschach sein „Gesicht“ verlor, bzw. ihm seine Maske abgenommen wurde. Und auch wenn man sich wahrscheinlich nur schwer mit dem Comedian identifizieren kann, so ist es doch zumindest keine Figur, die einen kalt lässt. Beide werden ganz herrlich von Jeffrey Dean Morgan (Comedian) und Jackie Earle Haley (Rorschach), die beide ausserdem einen weit jünger wirkenden Charakter darstellen. Vielleicht liegt es auch daran, dass es vorallem diese zwei Figuren sind, deren Vergangenheit am stärksten betrachtet wurde. Umso enttäuschender, dass genau diese beiden Figuren ins Gras beissen müssen.

Nicht überzeugt haben mich dagegen die restlichen Watchmen. Der von Billy Crudup porträtierte Dr. Manhattan hat mich mehr verwirrt, als irgendwie zu überzeugen vermocht, und war wahrscheinlich die Figur, die mir am meisten am Arsch vorbei ging. Aber auch Malin Akerman als verführerische Silk Spectre II machte nicht mehr her, als das, wofür sie gecastet wurde – den Sex-Appeal. Schauspielerisch blieb sie blass, genau wie ihr Lover Nite Owl, dargestellt von Patrick Wilson. Dieser zeigt sich nur von seiner schlechtesten, weichlichen Seite und kriegt von mir ein dickes Bäh. Allein schon optisch versagt der „Bösewicht“ Ozymandias, der anders, als die anderen Watchmen, kaum Screentime kriegt. Ist auch besser so, denn für einen Antagonisten ist Matthew Goodes Verkörperung eine Nummer zu klein. Oder zwei.

Es ist nicht so, dass Watchmen in allen Punkten versagt. Man täte damit dem Film Unrecht. Aber ein Muss ist er auch nicht, und die Gefahr, dass er dem Zuschauer verleidet, ist zu gross. Ob man bei anderer Handhabung näher beim Comic gewesen wäre, oder davon abgewichen wäre, kann ich nicht sagen, da ich den Comic nicht kenne. Allein betrachtet ist der Film aber eher misslungen, als gelungen.

  • Dr. Borstel

    Ach, du hast doch keine Ahnung … 😉 Für mich ist „Watchmen“ immer noch das Highlight eines sehr schwachen Kinojahres. Eine über Stunden fesselnde Story, unheimlich düstere Inszenierung, punktgenau passender Soundtrack – ich habe nicht viel auszusetzen, wenn überhaupt. Übrigens habe ich den Film gesehen, bevor ich den Graphic Novel kannte, und hatte dennoch nicht mit Verständnisproblemen zu kämpfen. Natürlich hilft die Kenntnis des Comics sicher, und bei aller Liebe zum Film, der Graphic Novel ist noch mal eine ganze Ecke stärker und sicher einer der, wenn nicht der beste Comic, den ich je gelesen habe. Dass dir der Film nicht gefallen hat, sollte dich nicht davon abhalten, den Comic zu lesen. (Darin sind sich übrigens fast alle Rezensenten einig, ob sie den Film nun mochten oder nicht.)

    AntwortenAntworten
  • Dr. Borstel

    Mach’s ruhig. Die GN bekommt von mir eine glatte 10/10. Fabelhaft komplexes Storytelling, unglaublich gut.

    AntwortenAntworten
  • Laosüü

    Stimme Borstel zu. Der Film ist einfach nur großartig umgesetzt und die GN wohl eine der durchdachtesten und besten, die ich je lesen durfte. Dass man am Ende gleich vor ein paar Rätsel gestellt wird, finde ich gerade großartig. Schließlich setzt die Geschichtsschreibund ja nicht erst zu Beginn des Films ein und endet mit diesem. Das Leben geht auch dort weiter, folglich müssen noch offene Stränge übrig bleiben.

    Das Intro fand ich großartig, da man hier bekannte Gemälde, Fotografien und Szenen historisch genau nachgestellt und ins Watchmen-Universum eingebunden hat, perfekt untermalt durch Bob Dylan.

    Schwer verständlich fand ich die Geschichte auch nicht. Und schon gar nicht ist es „son komischer Superheldenfilm“. Wer ist dieser Freund, er wird auf der Stelle gelyncht! 😉

    AntwortenAntworten
  • donpozuelo

    Ich sage dazu nur: LEST DEN COMIC. Dann will man vom Film nie wieder was hören (oder sehen). Geht mir zumindest so.

    AntwortenAntworten
  • Silencer

    Sehr gut, Du hast ganz instinktiv erkannt, das der Film ein Problem hat. Das wird in der Tat deutlich, wenn man das Comic kennt: Der Film ist da zu dicht dran. Beleuchtung, Einstellung, Handlungsabfolgen: Alles eins zu eins aus dem Buch übernommen. Und genau das darf man nicht machen. Wenn man eine Geschichte von einem Medium in ein anderes überführt, muss man sie an die spezifischen Gegebenheiten anpassen, sie sozusagen neu interpretieren. Peter Jackson hat vorgemacht wie es geht: Er hat die Herr der Ringe Bücher genommen und die Essenz daraus verfilmt, mit Änderungen und Handlungsstraffungen und Anlaufveränderungen wo nötig. Er war mutig, und das wurde belohnt, denn auch wenn echte HdR-Fans sowas bemängeln, sind di eFilme groß und unterhaltsam. Watchman interpretiert nicht, sondern kopiert nur, und das wirkt seelenlos und dröge. Als Fan des Buchs habe ich mich in dem Film zwar wiedergefunden, mich gleichzeitig vor meinen Begleiterinnen (die das Buch nicht kannten) für das krude Machwerk mit seiner Überlänge geschämt.

    AntwortenAntworten
  • Windowsbunny

    Ich fand den Film auch blöd! :O) Sorry Borsti! 😉

    AntwortenAntworten
  • der Nachbar

    Tja, die Geschmäcker sind halt (zum Glück) verschieden. Wobei ich hier ganz klar Dr. Borstel und den anderen Fürsprechern beipflichten muss:

    Watchmen ist eine außergewöhnliche (gute) Comicverfilmung, die sich von den üblichen Marvel/DC-Popcornkino positiv abhebt.

    …das hast du mittlerweile schon öfters gelesen, aber: lies auch mal die Graphic Novel! 😉

    AntwortenAntworten
  • Silencer

    Nix Ja und Nein. Man kann nicht einerseits den versuch starten die Story 1:1 von ein Medium in ein anderes übertragen (klappt nie!) und DANN noch große Passagen weglassen. Was dabei rauskommt, bezeichnen wir norddeutschen gerne als „lökerig“: Ein komisches Etwas, bei dem nichts so richtig passt und das nur von Klebeband zusammengehalten wird.

    So, und jetzt fahre ich mal in die Schweiz.

    AntwortenAntworten
  • Lukas

    Kann Borstel eigentlich nur 100%ig zustimmen, ich find den Film ebenfalls absolut genial, mit fast keinem Kritikpunkt (lediglich die Gewalt fand ich teilweise auch etwas übertrieben, vor allem Doc Manhattans… nennen wir es „Desintegrationsmethode“, vor allem im Vergleich mit der im Comic)…
    Hab den GN auch erst nach dem Kinobesuch gelesen und muss sagen, dass mir gerade durch die Nähe zum Comic die nächsten Male, die ich den Film gesehen habe – er wird mir wirklich nicht langweilig – noch mehr Spaß gemacht haben, als die vorangegangen.

    Wobei die Story für einen derartigen Film (dank der GN-Vorlage) schon recht komplex ist, da haste Recht 😉

    AntwortenAntworten
  • Silencer

    Nein, geht nicht ohne andere inhaltliche Änderungen. Jedenfalls nicht, ohne das es lökerig wird. Man Stelle sich eine Oper vor, in der ein Akt oder ein handlungsstrang fehlt. Lökerig.

    Basel, heute und morgen.

    AntwortenAntworten
  • Silencer

    Richtig. Kann. Wie bei jacksons Herr der Ringe. Da wird gestrafft, weggelassen und umgeschichtet, das es eine Pracht ist – und das Ergebnis ist immer noch Herr der Ringe.
    Bei „watchman“ ist das aber nicht der Fall, und um den geht es hier.

    AntwortenAntworten
  • Damian

    Ich rede kein Wort mehr mit dir.

    (Auch wenn sich das am 21. Oktober äusserst schwierig gestalten wird)

    AntwortenAntworten
  • Wham! Returns « Ploppers Wörld

    […] grosse Ankündigung der letzten Wochen war ja, dass Zack Snyder („300″, „Watchmen„) die Regie des neuesten Superman-Films übernehmen wird, der von Christopher Nolan […]

  • The Legend of the Guardians: The Owls of Ga’Hoole (2010) « Ploppers Wörld

    […] blutigen Genreerfolgen wie „300″ oder „Watchmen“ wagte sich der frischgebackene Superman-Regisseur Zack Snyder völlig unerwartet nun an […]

Kommentar schreiben