There – I did it. Ein Comicreview, hier. Ich dachte, es würde der angepeilten Vielseitigkeit, die ich mir für diesen Blog wünsche, guttun, wenn ich auch mal einen Comic präsentieren würde – von denen ich (bekanntlich?) ja haufenweise verschlinge. Daran, dass ich ab und zu auch für Crayton und seine Meute schreibe, wird diese Review nichts ändern, denn viele sind da ohnehin besser aufgehoben, aber vielleicht kommt auch hier etwas mehr aus der Comic-Ecke, wenn mir mal wieder etwas Gutes in die Finger kommt. Diesmal ist das Mark Millars Neuester, Nemesis, den der schottische Erfolgsautor zusammen mit Steve McNiven gestaltet hat.
Seit geraumer Zeit macht ein Kerl in schneeweissem Gewand die Polizeibüros diverser Länder unsicher – sein neuester Streich ist die brutale Tötung des japanischen Polizeichefs. Als Nemesis, wie sich der Kerl nennt, den Präsidenten der Vereinigten Staaten entführt, setzt Washingtons Polizeichef Blake Morrow alles daran, dem Verbrecher endlich das Handwerk zu legen – doch dieser wiederum scheint selber eine Rechnung mit dem Cop offen zu haben, und kehrt den Spiess um. Oder war es Morrow, der den Spiess umkehren wollte? Egal, einer der beiden kriegt jedenfalls ordentlich auf die Fresse.
Nemesis ist ein Vierteiler (also auf vier Einzelhefte aufgeteilt) und man merkt rasch, dass das dem Band nicht guttut. Die Erzählung hüpft viel zu wild und zu rasch, und viele Dinge werden nur angeschnitten oder gar nicht behandelt. Dabei wäre es interessanter gewesen, die Figuren langsam kennenzulernen. Doch das gibt es kaum bei Nemesis – die Charaktere haben zwar ihre Sorgen und ihre Probleme, aber die scheinen Millar gar nicht gross zu interessieren, viel lieber konzentriert er sich auf die verworrene Story, die rasch abgespult wird.
Zugegeben, bei der Story gibt sich der Autor hingegen Mühe – und wie. Ein Jawdropper folgt auf den Anderen, und immer wenn man denkt, dass man endlich durchblickt, kommt ein neuer Twist um die Ecke, und letztlich endet alles in einem riesigen Cliffhanger. Nur hätte man das doch auch locker in mehr Bänden und mit etwas mehr Inhalt abhandeln können, hätte doch eigentlich möglich sein sollen. Gerade das Leben als Superschurke hätte mich sehr interessiert, ebenso Nemesis‘ „fiese“ Taten, die oft erwähnt werden. Denn irgendwie will man sich doch auch mit dem Typen identifizieren.
Immerhin hat sich Millar den richtigen Typen ausgesucht, wenn es ums Artwork geht – Steve McNiven setzt die Geschichte düster und gritty um und spart nicht an roter Farbe, if you know what I mean. Zwar ist es nicht so umwerfend wie John Romita Jr.’s Arbeit für Kick Ass, aber es ist solide. Die Figuren wirken glaubhaft und haben einen hohen Wiedererkennungswert, auch wenn gerade die älteren Herren mit den vielen Falten mehr wie Bootstrap Bill, als wie Senioren aussehen, ein Problem, das auch Colin Wilson manchmal hat. Dafür ist McNiven ebenso sattelfest wie Wilson, wenn es darum geht, Action glaubhaft umzusetzen. Und von der gibt es erwartungsgemäss mehr, als Close-Ups von alten Männern.
Die Idee zu Nemesis ist gut, und auch die Umsetzung ist nicht ganz ein Fehlschlag – nur hätte Millar dem Comic mehr Platz zur Entwicklung geben sollen. Da eine Fortsetzung eigentlich nur eine Frage der Zeit sein sollte, hoffe ich einmal, dass eine solche mehr Klarheit schafft und die offenen Fragen zumindest thematisiert, wenn nicht direkt beantwortet. Denn – auch wenn das kein Kriterium ist – selbst für den geplanten Film ist das viel zu wenig Material.