fbpx

The Grey (2012)

TheGrey

„Once more into the fray. Into the last good fight I’ll ever know. Live and die on this day. Live and die on this day.“

Jamin Winans ist in meinen Augen ein nicht ganz so talentierter Geschichtenerzähler und Filmemacher, wie er es gerne wäre. Sein Low Budget-Debütfilm Ink ist ein Geheimtipp bei Fantasy-Fans, ich finde eher, dass es ein Geheimflop ist. Was Winans aber kann, das ist atmosphärische Soundtracks komponieren. Das Thema, das er in Ink immer wieder verwendete, geht regelrecht unter die Haut. Das fand auch Marc Streitenfeld, weshalb Ridley Scotts Hauskomponist den Track an Schlüsselstellen von The Grey, für den er die restliche Musik schrieb, einsetzte.

John Ottway wird von einer Ölfirma in Alaska angeheuert um Wölfe zu töten, die die Mitarbeiter der Firma bedrohen. Als die Maschine, an deren Bord Ottway zusammen mit einer Zahl anderer Arbeiter ist, mitten in der eisernen Wildnis abstürzt, verlassen sich die Arbeiter abermals auf Ottway – denn die Maschine stürzte im Jagdgebiet eines hungrigen Wolfsrudels ab. Für die Opfer des Absturzes steht ein Überlebenskampf der anderen Art an, müssen sie sich nicht nur gegen die Wölfe, sondern auch die eisige Kälte schützen…

In der ersten Hälfte ist The Grey ein atmosphärischer und ziemlich dreckiger „In die Bettdecke-Kuschel“-Film. Kein Horror, aber bei all der Kälte und dem negativen Grundton ist man dennoch schnell mal froh, dass man ist, wo man ist. Dazu passt der ungemein verbitterte Liam Neeson, der die Hauptrolle glaubhaft spielt, auch wenn es natürlich wieder eine typische Rolle für den grossgewachsenen Iren ist. In seiner zweiten Kollaboration mit Joe Carnahan macht er alles richtig, und man kauft ihm jede seiner Facetten sofort ab. An seiner Seite spielen zudem der kaum wieder erkennbare Dermot Mulroney sowie der künftige Marvel-Bösewicht Frank Grillo.

Mit zunehmender Laufzeit weichen dieser beunruhigende Grundton, die unsauberen Kamerafahrten und der Gruseleffekt immer ideenloserer Action. Es scheint fast, als hätte Carnahan Angst, dieses für ihn ungewohnte Konzept weiter- und vorallem zu Ende zu führen, und fällt wieder in alte Muster zurück – schade eigentlich, denn er bewies eindrücklich, dass er mehr könnte. Die Story wird so zu einem vorhersehbaren „Zehn kleine Jägermeister“-Abklatsch und auch die Wölfe verkommen zu einer allerhöchstens tangentialen Bedrohung. Ein leichter Wermutstropfen ist das schon, wenn auch nicht so sehr, als dass es einem die Freude an diesem Film nehmen könnte. Das könnte wohl nur ein Abspannsong von Justin Bieber.

Gavin-to the Wild
Gavin-to the Wild

Denn The Grey ist ein spannender Thriller, der gruselt und ein unwohles Gefühl hinterlässt. Er bietet glaubhafte Figuren und verliert sich nie aus den Augen. Joe Carnahans erst fünfter Film ist ein bisschen LOST im Eis. Mit Wölfen.

9 Sterne

  • Orlindo

    Ich fand den Film eher unspektakulär. Die paar wenigen Szenen, die ansatzweise ins Metaphysische gingen fand ich überraschend stimmig, verpassten Neesons Figur etwas Subtanz. Ansonsten ist es Survivalkitsch wie man es kennt und grundsätzlich mag. Nett waren die paar wenigen Anspielungen an Alive und andere Klassiker des Genres. Aber wie bereits bei Taken wäre der Film ohne Neeson noch weniger die Rede wert. Sein Präsenz trägt den Film und die restliche Truppe werden zu kleinen Jägermeistern degradiert..

    Das Ende war überraschend plötzlich und konsequent, was mit der kurzen Szene nach dem Abspann nochmals unterstrichen wurde.

    AntwortenAntworten
  • donpozuelo

    „LOST im Eis“… ich glaube, der Film ist gekauft 😉

    AntwortenAntworten
  • Fox

    Meine Erwartungen waren nach Mark Millars Lobeshymnen auf den Film ziemlich hoch, und das ließ mich dann sehr enttäuscht zurück, als ich den Film endlich sehen konnte.
    Ich hatte mir mehr Realismus erhofft – gerade nach dem Absturz.
    Aber die Wölfe waren mir zu „mutiert“. Hätten genauso gut Aliens sein können. Und so machte der Film aus meiner Sicht eine richtige Talfahrt. Bis zu dem Punkt, wo immer weniger übrig bleiben und er den Fluss ohne Verkühlung übersteht.
    Ne, für mich ist der Film totaler Durchschnitt.

    AntwortenAntworten
  • bullion

    Ich fand den Film auch ziemlich gut. Mit „Lost“ im Eis würde ich ihn allerdings nicht beschreiben wollen. Zudem liest sich deine Kritik doch schlechter als 9 Punkte… 😉

    Freut mich auf jeden Fall, dass der Film da draußen noch ein paar Anhänger hat!

    AntwortenAntworten
  • maloney

    Sehr schöne Bewertung, kann ich so unterstützen, bin stolz auf dich 🙂

    AntwortenAntworten
  • Horst Schulte

    Ich finde, dies ist eine schön geschriebene Kritik des Films. Ich war auch angetan bzw. beeindruckt davon, wie der Hauptdarsteller, der seines Lebens überdrüssig schien, sich angesichts der ausweglosen Lager in einem menschenfeindlichen Umfeld irgendwie ins Leben zurückgekämpft hat. Auch, wenn der Schluss seinen Tod nahegelegt hat.

    AntwortenAntworten
  • Lukas

    Eigentlich wollte ich den Film zuerst gar nicht sehen, weil es mich auf gut Deutsch gesagt ziemlich ankotzt, wie oft Wölfe für Hollywood als vollkommen hohle, eiskalte Killermaschinen herhalten müssen, nachdem sie genau für solch verbreiteten Bullshit Jahrhunderte lang gejagt und in manchen Teilen fast ausgerottet wurden.
    ABER… Ich mag Liam Neeson. Ich mag sogar Joe Carnahan. Und das Setting klang letztlich doch einfach zu geil, als dass ich dem Film absolut keine Chance hätte geben können.
    Und ich stimme dir wirklich zu: Stimmung ist super, Spannung ist super, schauspielerisch fand ichs angesichts des Szenarios tatsächlich erstaunlich gut und die Bilder mitsamt Soundkulisse waren verdammt stark. Allein für die letzten 2 Minuten würd ich mir den Film gleich nochmal angucken, Gänsehaut pur. 😉
    Was jetzt die Wölfe angeht: zuerst fand ichs tatsächlich ziemlich hohl. Vollkommen übertrieben, unrealistisch (und damit meine ich nicht nur das typische Hollywood-unrealistisch, sondern völlig over-the-top abgefahren un-fucking-realistisch) und auf Horror aus. Eigentlich so übertrieben, dass man es nicht im Ansatz als das ernst nehmen kann, was es darstellen soll, und den Gedanken hatte anscheinend schon irgendwer auf Letterboxd weitergesponnen. Als schlichte Metapher für den Tod in der Wildnis find ich die Mystery-Horror-Riesenwölfe nämlich ziemlich perfekt und vor allem viel gruseliger, als einfach nur die Killermaschinen mit Neonaugen.
    Vielleicht interpretier ich jetzt viel zu viel rein und verschöner mir das wirklich nur platte Actionkino und klinge dabei noch wie der größte Möchtegern-Kritiker, aber ich fand den Gedanken spitze. Amen. 😀

    AntwortenAntworten
  • Lukas

    Holy Shit, das war mehr als geplant. Na ja, jetzt konnte ich das endlich mal irgendwo loswerden 😀

    AntwortenAntworten

Kommentar schreiben