„For God and country, Geronimo. Geronimo.“
Es sind Kinogeschichten, wie jene zu Zero Dark Thirty die mich immer wieder faszinieren: Hollywood möchte gerne einen Film zum Krieg gegen den Terror drehen, im Zentrum die (erfolglose) Jagd auf Osama Bin Laden. Nachdem Regisseur James Cameron das Projekt ablehnt, übernimmt seine Ex-Frau Kathryn Bigelow, die bereits mit The Hurt Locker bewies, dass sie derartige Stoffe verfilmen kann. Das Drehbuch steht, nun werden nur noch geeignete Darsteller gesucht. Doch dann kommt der schicksalhafte 1. Mai 2011, an dem Bin Laden doch noch aufgespürt wird und der das ganze Projekt urplötzlich über den Haufen wirft. Nun steht Bigelow vor einem Script, das sie so nicht mehr verfilmen kann. Es sei denn, sie ändert es radikal.
Als die USA nach den Attentaten vom 11. September 2001 dem Terrornetzwerk Al-Kaida den Krieg erklärte, stand unter anderem eine Sache im Zentrum: Die Suche nach dem Drahtzieher der Anschläge, Osama Bin Laden. Während Jahren verfolgt die CIA-Agentin Maya dieses Ziel und es scheint ganz, als seien ihre Bemühungen umsonst. Die Rückschläge überwiegen, und wirkliche Erfolge kann sie auch nicht vorweisen. Die ethisch fragwürdigen Verhörmethoden machen die ganze Mission erst recht zu einer tickenden Zeitbombe, die hochzugehen scheint, sollte es Maya nicht gelingen, endlich Fortschritte aufzuweisen…
Natürlich bietet Zero Dark Thirty Diskussionsstoff, gerade die Waterboarding-Szenen sind zeitweise schon recht derb. Aber dann wiederum muss man eben doch sagen, dass diese Foltermethode vermutlich wirklich zu Ergebnissen führte – so scheusslich und verabscheuenswert sie auch ist. Und angesichts dessen finde ich es eben sehr stark, dass und vorallem wie der Film diese Thematik angeht. Er zeigt viel, aber kommentiert wenig. Was mich eher störte, ist wie der Film die Suche nach Bin Laden zu einer Ehrensache macht, zu einer Win-or-Lose-Situation für die USA. Es geht nicht um Gerechtigkeit, es geht um Rache. Das fängt bereits mit den anscheinend echten Aufnahmen von 9/11-Opfern in ihrem Todeskampf an – für mich ein völliges No-Go, ganz abgesehen davon, dass der Film diese Einleitung dramaturgisch nicht braucht: Jeder weiss, warum die USA Bin Laden suchen.
Zero Dark Thirty durch die Brille des Liebhabers akkurater und vorallem objektiver Schilderungen wahrer Ereignisse zu sehen, wäre meiner Meinung nach aber verkehrt. Denn keiner von uns weiss, was wirklich war, und wo Kathryn Bigelow, bzw. der Drehbuchautor Mark Boal geschummelt haben. Mit ziemlicher Sicherheit wissen selbst sie nicht wirklich mehr, als wir. Und so ist es mir zu einem gewissen Grad auch ziemlich egal, ob das wirklich so war, oder nicht. Erzählerisch funktionierts – Zero Dark Thirty ist ein packender Krimi über die Suche nach Osama Bin Laden. Jessica Chastain spielt grossartig die Rolle der isolierten CIA-Agentin, die sich der Suche nach dem Al-Kaida-Anführer verschreibt, und wir leiden und fiebern mit ihr mit, als sie diesem Ziel Schritt für Schritt näherkommt. Die effektive Tötung von Bin Laden wird in der letzten halben Stunde unglaublich atmosphärisch umgesetzt – Bigelow gibt zum Schluss noch einmal alles und bietet spannende Action auf hohem Niveau, ohne den Anspruch, den der Film stellt, aus den Augen zu verlieren.

Zero Dark Thirty ist der beste Film des noch jungen Jahres und wäre, wenn er aufgrund seiner Umstrittenheit nicht so chancenlos wäre, mein Favorit im Oscar-Rennen. Kathryn Bigelow erzählt die Jagd auf Osama Bin Laden als ungeschönter und spannender Action-Krimi, dessen Schlussakt trotz natürlicher Vorhersehbarkeit an Intensität und Dramatik kaum zu überbieten ist. Alleine dafür lohnt sich der Kinobesuch.