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Les Misérables (2012)

LesMiserables

„I had a dream my life would be so different from this hell I’m living!“

Dass ich mich auf den Film freute, habe ich vermutlich schon ziemlich deutlich zum Ausdruck gebracht. Das liegt unter anderem daran, dass ich ein Fan von Musicals bin, und kein Problem habe, wenn in einem Film geträllert wird, was das Zeug hält. Nur zur Musical-Version von Victor Hugos Les Misérables hatte ich so gar keinen Zugang – nie gesehen oder gehört und auch das Buch war mir unbekannt. Doch auch ohne Vorwissen folge ich dem Ruf eines Tom Hooper natürlich sofort. Vorallem, wenn das Ganze so verdammt gut ausschaut.

Anfangs des 19. Jahrhunderts: Nach fast 20 Jahren in Gefangenschaft wegen eines Brotdiebstahls wird Jean Valjean auf Bewährung entlassen, kann aber untertauchen und sich eine neue Existenz aufbauen. Als ihn der Inspektor Javert dennoch aufspürt, muss Valjean erneut flüchten. Bevor sie stirbt, verspricht er Fantine, dass er sich um ihre Tochter Cosette kümmert. Zwei Jahrzehnte später hat Javert die Suche nach Valjean noch immer nicht aufgegeben, derweil verliebt sich die mittlerweile erwachsene Cosette in den Revolutionären Marius.

Ich könnte meine Review locker mit Schwärmereien für den Cast des Films füllen: Hugh Jackman als vom Leben bei weitem nicht immer reich beschenkter Jean Valjean, der vom Saulus zum Paulus wird, ist einfach umwerfend – seinen Wolverine mag ich ja nicht so sehr, aber das hier ist eine ganz neue Liga. Javert, Valjeans von einem ungeheuren Pflichtbewusstsein angetriebener Gegenpart, ist mit Russell Crowe ebenfalls gut besetzt. Und natürlich die Dame von der alle reden: Anne Hathaway, die für meinen Geschmack aber eine etwas gar kleine Rolle fasste – Gerade, wenn wir über Awards und ähnliches reden. Dazu kommen die netten, aber nicht speziell ins Gewicht fallenden Amanda Seyfried und Eddie Redmayne, und die in ihrer Deplaziertheit unglaublich coolen Sacha Baron Cohen und Helena Bonham Carter als schamloses Gastwirteehepaar Thénardier.

Trotz der grossartigen Darsteller, von denen gerade die Jackman, Crowe und Hathaway ungeahnte gesangliche Fähigkeiten zeigen und der einwandfreien technischen Umsetzung, hat der Film eine ganz grosse Schwäche – sein Drehbuch. Die Reduktion auf reinen Gesang bremst den Film erzählerisch aus und lässt viele Fragen offen. Das Problem ist, dass nicht alle Songs stark genug sind, um den Film zu tragen, oft wäre man mit ein paar kurzen Dialogzeilen vermutlich besser bedient gewesen. Dazu kommen zahlreiche Längen. Mit zweieinhalb Stunden ist ein Film zwar noch nicht automatisch überlang (man denke da nur an The Hobbit: An Unexpected Journey). Bei Les Misérables trifft das aber leider zu – der Film ist massiv zu lang geraten und langweilt gerade zum Schluss zeitweise sehr. Und wenn Amanda Seyfried gegen des Ende des Films behauptet, dass es „too soon to say good bye“ sei, klingt das wie purer Hohn.

'Sup bitches?
‚Sup bitches?

Les Misérables ist – um das offensichtliche Wortspiel auch noch bedient zu haben – keinesfalls miserabel. Tom Hooper, der mit The King’s Speech einen meiner Lieblingsfilme gedreht hat, bietet mit dem Film grossartige Unterhaltung. Leider scheitert die Musicalverfilmung aber an ihrem Drehbuch, bei dem selbst die Längen ihre Längen haben. So bleibt ein fahler Nachgeschmack eines Films, der sein Potential nie wirklich ausschöpfen kann.

6,5 Sterne

  • Alice

    Stimme dir eigentlich absolut zu in den einzelnen Punkten. Für mich wäre der Film trotz der Längen mehr als eine 6.5… Vielleicht eine 7.5 oder so.
    Jedenfalls befinden sich einige der Songs in meiner momentanen Playlist und ich habe bei jedem Hören grosse Lust, den Film noch einmal zu sehen – naja, die guten Szenen zumindest.

    Da wär noch meine eigene Review:
    Überschneidet sich sehr stark mit deiner, aber das liegt bestimmt nicht daran, dass wir auf dem Nachhauseweg vom Kino ausführlich über genau diese Punkte diskutiert haben =P
    http://www.jugendkirche.ch/blogs/filme/einzelansicht/article/les-miserables/

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  • Dos Corazones

    Gucke ich morgen und dann wird dein Text auch gelesen. Die Wertung ist registriert und hoffentlich gefällt mir der Film dann noch besser!

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  • Cem

    Doch. Der Film IST miserabel. Was habe ich gelitten. Aber das weisst du ja. 🙂 Diese endlose Singerei geht auf keien Kuhhaut. Fand zwei, maximal drei Lieder gut. Gesungen haben sie aber ja sicher etwa 30 Lieder. Mehr Dialog wäre echt ein riesen Gewinn gewesen. Mehr Story definitiv auch. Totally overrated!

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  • donpozuelo

    Ja, der hat mir auch nur bedingt gefallen. Ich gebe ihm dann doch noch 0,5 Punkte mehr als du… aber das sind ja nur Peanuts. Ich glaube mir hätte das Ganze ohne das ständige Singen und etwas kürzer schon besser gefallen. Zumal, wenn man überlegt, dass es bei der Länge immer noch Story-Löcher gibt, die nicht gestopft werden, ist das schon bitter.

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  • Killerqueen

    Habe mich auch auf den Film gefreut, weil ich schon seit Jahren grosser Fan des Musicals und der Geschichte an sich bin. War aber genau so enttäuscht, und das Gesinge geht gewaltig auf den Sack, obwohl auch ich ein grosser Musicalfan bin. Bereits diese schier endlose Szene schon zu Beginn des Filmes, als Anne das Lied I dreamed a dream völlig verrotzt und viel zu hyperdramatisch vor sich hinträllert, löst in mir einen Brechreiz aus.

    Vor ein paar Jahren habe ich das Musical in der französischen Urfassung in Lausanne gesehen, bis jetzt das beste Musical das ich je gesehen habe (und das waren nicht wenige!).

    Wenn ich dir einen kleinen Tipp geben darf: 1998 wurde bereits ein „Remake“ von Les Misérables gedreht u.a. mit Liam Neeson und Uma Thurman. Klingt seltsam, ist aber ein grandios gewaltiger Film und das ganz ohne Musik! Sehr empfehlenswert. Ich finde halt die Geschichte an sich zur Zeit der französischen Revolution einfach schon sehr bewegend. Hier der Trailer:

    http://www.youtube.com/watch?v=JhhsylxYafEe

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  • Killerqueen

    Korrigenda meines Kommentars: Natürlich nicht gänzlich ohne Musik, aber ohne das Gesinge 😀

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  • Cem

    @Killerqueen: Den werde ich mir hingegen sehr gerne antun. Weniger Gesinge, mehr Story hätte dem Film echt gut getan. Und apropos Hathaway… fand das keiner komisch, als sie zuerst nur mal 10 Francs für einen Ring (oder was war’s?) auftreiben wollte und dann noch am selben Abend entschied Prostituierte zu werden?

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  • Lukas

    Klingt ehrlich gesagt nach genau den Sorgenpunkten, die mich bisher vom gucken abgehalten haben. Zu viel melodramatisches und selbstgefälliges Rumkrakehlen. Aber gut, vielleicht hab ichs auch einfach nur nicht mit Musicals, das triffts vermutlich eher 😀

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  • Dos Corazones

    Also, ich konnte die Story schon recht gut nachvollziehen, weil sie ja vor allem nur sehr rudimentär vorliegt. Dem diesem ganzen zu Grunde liegenden Roman reicht die Handlung aber sicherlich nicht mal annähernd das Wasser.

    Was ich übrigens wirklich nicht nachvollziehen kann, ist deine Bewertung von Eddie Redmayne. Der hat nicht nur toll geschauspielert, sondern auch noch eine der besten gesanglichen Darbietungen gegeben, die es zu hören gab.

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  • Les Misérables (2012) | watched

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  • Comicgirl

    Hei, komm grad aus dem Kino wo ich den Film jetzt auch gesehen habe. Ich stimme dir voll und ganz zu. Hast du den Film komplett in Englisch gesehen?
    Ich hab die deutsche Version gesehen, in der die wenigen gesprochenen Sätze tatsächlich noch synchronisiert wurden, was irgendwie lächerlich gewirkt hat. Ich weiss nicht, warum die das gemacht haben. Ich hab gelesen, dass der Film sogar in Frankreich im Original gezeigt wird.

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