„I don’t want to be a good man – I want to be a great one!“
Ich sehe es vor mir – das Meeting einer Horde kreativer Köpfe, die den Titel für ihren Film suchen. „Nennen wir ihn doch einfach The Wizard of Oz, das ist naheliegend und lockt die Leute ins Kino!“, ruft ein dicker Mann mit buschigem Bart, der vermutlich den Film ebendieses Namens noch selber erlebt hat. „Neineinein, aber nicht doch, das ist ja ein Prequel“, wirft ein hagerer Typ ein, der mit Sicherheit fürs Geld der Firma zuständig ist „und Prequels mit James Franco haben Tradition, auch, was die Titel betrifft – wie wärs mit Rise of the Wizard of Oz?“ Ein Raunen geht durch die Meute, letztlich wird dieser Vorschlag aber ebenfalls abgetan. Schüchtern meldet sich der Praktikant: „Wie, äh, wärs, äh, mit, sagen wir, äh Oz?“ Alle lachen ihn aus. „Das ist zu einfach, Filmtitel müssen alles andere als kurz und knackig sein“, erwidert einer der Schlaumeier, der auch schon für die Titelfindung von The Assassination of Jesse James by the Coward Robert Ford zuständig war, und wirft eben jenen grenzgenialen Titel ein, für den sich die Gruppe schliesslich unter lautstarkem Jubeln entscheidet: Oz: The Great and Powerful.
Hätten sie nur auf den dicken Mann oder den Praktikanten gehört.
Der schmierige Zauberkünstler Oscar Diggs gerät mit seinem Ballon in einen Wirbelsturm, der ihn in das sonderbare Land von Oz schleudert. Aufgrund seines Ballons und seiner Taschenspielertricks wird er für eben jenen Magier gehalten, der das Land einer Prophezeihung zufolge von der bösen Hexe befreien soll. Nur ist Oscar weder ein grossartiger Magier, noch sonstwie ein guter Mensch, sodass die Chancen nicht wirklich gut stehen für den Zirkusartisten…
Ganz klar – optisch holt Sam Raimi das Maximum aus Oz heraus, wo man auch hinschaut farbenprächtige Landschaften, schöne Kostüme und atemberaubende Städte. Auch das 3D ist endlich wieder mal lobenswert und fasziniert. Und wenn dem Zuschauer dann Speere und Feuerbälle ins Gesicht schiessen, zuckt selbst der 3D-resistenteste Kinogänger zusammen. Bei all dem Augenschmaus zeigt sich auch deutlich, dass das Verkaufsargument „Von den Machern von Alice in Wonderland“ mehr als nur Verkaufsargument ist – an allen Ecken und Enden erinnert der Film an Tim Burtons erfolgreichsten Film. Das beginnt bei einer Eröffnungsszene, die von Danny Elfmans virtuosen Klängen untermalt wird (hiess es nicht mal „nie wieder mit Raimi?“) und endet irgendwo bei den schrägen Einfällen und dem schwarzen Humor.
Leider ist das, was hinter der schönen Fassade steckt, nicht ganz so berauschend. Es ist sicher toll, dass der Film nicht einfach dieselbe Story abermals durchkaut, sondern etwas erzählt, was bisher noch nie erzählt wurde. Nur bleibt leider ein grosser Teil der Story auf der Strecke. Die wenigen Plottwists sind ziemlich vorhersehbar und stellenweise hat das Drehbuch eben schon seine Längen und holpert eher schlecht als recht voran. Auch schauspielerisch ist der Film ziemliches Mittelmass – die Hexen sind durchs Band stinklangweilig und haben neben dem mit viel Charme und Spielfreude agierenden James Franco nichts zu melden. Es sind vielmehr die nicht-menschlichen Figuren, die gefallen – Oscars affiger Assistent Finley, das zerbrechliche „Little China Girl“ (gesprochen/gespielt von Joey King) und der grimmige Knuck mit seiner Fanfare.

Für seinen Titel kann Oz: The Great and Powerful nicht viel, und Raimi gibt sich auch viel Mühe, zu beweisen, dass ein dämlicher Titel noch lange nicht bedeutet, dass auch der Streifen selber dämlich ist. Letzten Endes geht sein Plan auch auf, zumindest ein bisschen: Der Film ist optisch richtig atemberaubend und eine liebevolle Hommage an den bald 75-jährigen Klassiker, leider ist er aber erzählerisch so handzahm wie ein ängstlicher Löwe, dass man nur hoffen kann, dass, wer auch immer die Fortsetzung drehen wird, mehr aus der Story herausholt.