”I never thought about murderin’ innocent people before.” – “He’s not a person, Tina, he’s a Daily Mail reader.”
Es war einmal ein Drehbuch, das lebte in einem wunderschönen Land der liebevollen Filme. So schön aber alles um es herum war, so grässlich und abgrundtief brutal war das Drehbuch, weshalb es keine Anerkennung fand – die Filmemacher und Produzenten in diesem Land wollten nichts mit ihm zu tun haben, weil es doch so hässlich und grausam war. Doch seine Eltern, die liebreizende Alice und der wundervolle Steve hatten es von Herzen lieb und waren überzeugt, dass sich irgendjemand finden würde, der die Schönheit ihres Kindes erkennen, und der sich seiner annehmen würde. Eines Tages tauchte diese Person in Form des stolzen Prinzen Edgar auf – Edgar hatte durch seine Heldentaten bereits viel Anerkennung gesammelt, und als die zahlreichen Filmemacher und Produzenten sahen, dass er keine Angst vor dem Drehbuch hatte, beschlossen auch sie, es zu mögen. Alle hatten sich lieb und tanzten und hatten Spass und so, und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute.
Genau hier beginnt Sightseers.
Eigentlich sollte es eine ganz romantische Sightseeing-Tour im gemeinsamen Wohnwagen für Tina und ihren Freund Chris werden, doch als dieser versehentlich einen nervigen Zeitgenossen überfährt, ist nichts mehr, wie es ist. Aber eigentlich geschah dem Typen ja nur Recht, war sowieso ein blöder Kerl. Allmählich verlieren sich die beiden in einem Strudel aus Mord und persönlicher Vendetta, und was ursprünglich mit einem Unfall begann, wird mit der Zeit zu dem, was der Experte unter „vorsätzlicher Tötung“ versteht. Kein Wunder, dass das auch die Beziehung von Chris und Tina auf die Probe stellt…
Schon in den ersten paar Minuten, als herzzerreissendes Geheule den Film eröffnet, wird einem klar, dass Sightseers nicht gewöhnlich ist. Klar, er weist zahlreiche Parallelen zu britischen und sonstigen Komödien auf (hallo Eagle vs. Shark), und dass Edgar Wright den Streifen produziert hat, wird auch immer wieder spürbar, gerade was die Morde angeht, hält sich der Film nicht wirklich zurück. Dennoch gelingt es Regisseur Ben Wheatley, sich von der Masse abzuheben und nicht in der Masse zu versinken. So sind die beiden Hauptdarsteller Alice Lowe und Steve Oram zwei unverbrauchte und offensichtlich talentierte Gesichter, die solide Performances abliefern. Mit ungewöhnlichen Schnitten, einer spannenden Kameraführung und nun… interessanter… Musikwahl, sorgt Wheatley auch selber dafür, dass einem nie langweilig wird.
Nicht, dass hier je die Gefahr bestünde – dazu ist das Drehbuch viel zu abwechslungsreich und geht auch in die Tiefe, was ja bei solchen Komödien eher selten der Fall ist. Mit zunehmender Laufzeit wird Sightseers ausserdem ein bisschen zum Ratespiel, welche von Chris und Tinas Bekanntschaften denn als nächste über den Jordan geht. Vielleicht ist es gerade dieser Faktor, das „Expecting the Unexpected“, der einem in der Schlussphase die Überraschung raubt. Zu oft hat einen der Film überrascht, und so möchte man ihm zumindest einmal zuvorkommen, was natürlich die letzten paar Twists ein bisschen ruiniert. Kann auch sein, dass das einfach ich bin, wirklich zur Sache tut das ohnehin nichts, denn das Ende gefällt mir auch so verdammt gut. Nur ist es eben nicht mehr ganz so überraschend. Aber man kann ja nicht alles haben.

Wer mich oder vorallem meinen Humor kennt, weiss, was ihn bei Sightseers erwartet: Eine schräge und vorallem sehr schwarzhumorige Komödie, die ganz eigene Wege geht. Ein kleiner Film mit ganz grosser Wirkung, eben.