Es gibt drei Gründe, die für diese Story sprechen: Erstens hat sie Mark Millar geschrieben, was eigentlich weitere Rechtfertigungen überflüssig werden lässt. Denn Millar ist einer der besten Autoren im Superheldengenre – der Schotte beweist, dass er sowohl eigene gute Ideen hat, als auch mit Franchisen umzugehen weiss. Seine Arbeiten an Kick Ass, Wanted und Marvels Civil War ist eindrücklicher Beweis dafür. Ein weiterer Grund, dass Superman: Red Son Pflichtlektüre ist, dass die Story millartypisch total schräg ist. Was wäre, wenn Superman statt in den USA, in der Sowjetunion gelandet wäre und statt zu einem amerikanischen Helden, zu einer kommunistischen Gallionsfigur aufgebaut wird? Das ist so gut, dass – Grund Nummer 3 – auch Henry Cavill diese Geschichte als Inspiration für seine Rolle in Man of Steel angab.
Wie immer bei Millar kombiniert dieser Comic eine total schräge Idee und dämlichen Humor mit einer Geschichte, die ein bisschen zum Nachdenken anregt. Der Comic geht der Frage nach, wieviel von Superman in Superman steckt, was seine Ideale sind, und wofür er einsteht. Egal, auf welcher Seite er steht – Superman ist stets bemüht, fürs Gute einzustehen und die Welt zu verbessern. Und so bekommen wir eine alternative Realität, in der die Russen den Kalten Krieg gewonnen haben und die Vereinigten Staaten vor dem Ende stehen. Doch Millar macht keine Schwarz-Weiss-Zeichnung – die Russen sind genausowenig die Guten, wie die Amerikaner die Bösen sind. Es sind lediglich zwei Parteien, von denen eine deutlich die Überhand hat.
Mit Lex Luthor trifft Superman ziemlich schnell auf einen erbitterten Gegner: Luthor ist ein schlauer Forscher, der eigentlich nur herausfinden möchte, wie Superman tickt und sich letztlich in seiner Bemühung, dem Superhelden den Garaus zu machen verliert. Dabei ist das aber nur einer von vielen Gastauftritten: Luthors Gattin ist keine Geringere als Lois Lane… pardon, Lois Luthor. Und auch die Kents haben – diesmal als ganz normale Farmer – einen kurzen Moment in diesem Comic. Das Highlight ist aber das Auftauchen eines gewissen russischen Untergrundkämpfers, der in ähnlicher Manier wie V in Alan Moores Kultcomic versucht, das System von innen zu zerstören. Sein Name: Batman.
Auch technisch ist Superman: Red Son sehr solide – auch wenn mich die etwas gar monochrome Farbwahl nicht hundertprozent anspricht, so passt sie zumindest zum kommunistischen Setting. Dave Johnsons Zeichenstil gefällt mir mit den klaren Linien sehr gut, auch wenn er ein bisschen gar austauschbar ist. Killian Plunkett, der bei The Clone Wars für das Character Design zuständig war, soll, wenn ich das richtig verstanden habe, vorallem beim dritten Teil dieser Trilogie mitgezeichnet haben – zumindest unterscheidet sich da der Stil deutlich von den ersten beiden Teilen, denn die Linien sind stärker und härter gezogen.
Wer Mark Millar mag und auf schräge Einfälle steht, dürfte an Superman: Red Son Freude haben – der Comic ist nicht nur echt witzig, sondern bietet auch eine gewisse Tiefe. Und wer das Gefühl hat, zu wissen, wie das alles ausgeht, wird vom Twist der Story garantiert überrascht werden.