„Some people, they don’t put things behind so easily.“
Das sorglose Leben in der High Society von New York findet für Jasmine ein jähes Ende, als ihr Mann Hal aufgrund dubioser Machenschaften eingebuchtet wird. Mit dem bisschen, das ihr die Regierung noch gelassen hat, macht sie sich nach San Francisco auf, wo sie bei ihrer Schwester Ginger ein neues Leben beginnen will – doch das gestaltet sich schwierig, wenn man mit einem Fuss noch im alten Leben steht. Mit Blue Jasmine präsentiert uns Woody Allen nicht nur sein fünfundvierzigstes Werk sondern gleichzeitig auch einen überraschend tiefsinnigen Film.
Wäre es kein Woody Allen-Film, so hätte ich mir Blue Jasmine vermutlich nicht angesehen – die Story machte mich nicht an und auch vom Cast her konnte ich mit dem Film nicht viel anfangen. Und mit Cate Blanchett spielt eine Schauspielerin die Hauptrolle, die nicht wirklich zu meinen Lieblingen zählt. Als dann aber sogar Quentin Tarantino den Film für gut befand, wurde ich stutzig. Konnte Woody Allens Neuer tatsächlich etwas taugen? So liess ich mich überraschen von diesem Film, der so anders ist als die letzten Arbeiten von Allen. Der Regisseur, der mit Blue Jasmine ungeahntes narratives Potential an den Tag legt, verzichtet auf den Kitsch und den kindlichen Humor vergangener Tage und bietet uns stattdessen eine etwas ernstere Story, die ihre Figuren ernstnimmt.
Eine davon ist Jasmine: Cate Blanchett brilliert in der Hauptrolle der verletzten High Society-Dame, die ihre Augen vor der Realität verschliesst und verloren durch ein San Francisco irrt, das nicht im Geringsten an die Gemütlichkeit ihrer Park Avenue in New York heranreicht. Jasmine ist mit ihrer anmassenden Art und ihrer sturen Ignoranz gegenüber dem, was um sie herum geschieht, eine Antiheldin wie aus dem Bilderbuch. Dass wir trotzdem mit ihr mitfiebern, liegt vorallem daran, dass uns Allen eindrücklich ihre Vorgeschichte zeigt. Jasmine ist das, was man Kollateralschaden nennt, Opfer einer Situation, die sie nicht verschuldet hat. Wobei das so auch nicht ganz stimmt, wie wir im Laufe des Films erfahren. Ihr verzweifelter Versuch, nahtlos an ihr altes Leben anzuknüpfen, erschwert ihr das Neue nur zusätzlich.

Blue Jasmine ist das Porträt einer Frau, die sich zu Höherem berufen fühlt und deren Stolz ihr letztlich zum Verhängnis wird. Woody Allens neuer Film ist ein ungewohnt einfühlsames Werk, das in Cate Blanchett eine umwerfende Hauptdarstellerin gefunden hat.