fbpx

LOST – Staffel 1

„Dude, that was like a Jedi moment.“

Ein guter Freund von mir hat mich vor etwa einem halben Jahr auf LOST aufmerksam gemacht, und mir sofort – weil er doch so gerne DVDs ausleiht – die erste Staffel der Serie ausgeliehen. Irgendwann verlor ich dann den Faden, und dann kam auch noch Avatar dazu, und es endete damit, dass ich monatelang keine Folge mehr gesehen hatte. Umso erstaunter war ich, dass ich doch noch praktisch problemlos mitkam und noch viel präsent hatte. Mittlerweile gucken auch meine Eltern regelmässig zu, und sind jeweils gespannt, wie es dann weitergeht.

Der Flug Oceanic 815 von Sydney nach Los Angeles stürzt über einer geheimnisvollen Insel im Pazifik ab – und auf einen Schlag müssen die schliesslich 40 Überlebenden lernen miteinander klarzukommen. Das gestaltet sich nicht immer einfach, wenn man verschiedene Kulturen und Nationen, aber auch Ideen und Ideale aufeinandertreffen lässt. Und wäre das nicht genug, scheint jeder der Gestrandeten auch noch das ein oder andere Geheimnis zu besitzen, das ihm das Leben auf der Insel kaum zu vereinfachen scheint. In diesen Versuch, eine Einheit zu bilden, und einen Weg zu suchen, die Insel zu verlassen, kommen plötzlich düstere Vorzeichen: Man ist nicht allein auf der Insel und es scheint ohnehin nicht alles mit rechten Dingen zuzugehen…

Anfangs ist LOST einfach nur bombastisch. Es beginnt mit einem hektischen Pilotfim, der mein Action liebendes Herz in doppeltem Sinne höher schlagen liess und der die ersten Augenblicke nach dem Absturz zeigt – am Strand liegt ein völlig zerborstenes Flugzeug und viele der Passagiere sind gestorben oder verschollen, andere sind einfach nur geschockt. Von da an flacht die Action etwas ab, und das nicht in negativem Sinne, denn schliesslich sollte dieser Start ja vorallem Zuschauer vor den TV locken. Im Laufe der ersten Staffel gibt es immer noch Action, es gibt ausreichend Nervenkitzel, doch das Inception-Action-Niveau der ersten paar Minuten erreicht die erste Staffel zu keinem Zeitpunkt mehr. Das tut der Serie aber auch sehr gut, denn so kann sich die doch sehr komplexe Story langsam entwickeln.

Während also die Action erheblich gesenkt wird, bildet sich mehr Platz für Tiefgründigkeit, um Beziehungen zwischen den Figuren zu bilden, und nicht zuletzt, die Story voran zu bringen. Jeder Charakter hat seine eigene Art und Weise, mit dem Geschehenen umzugehen; während Jack das Geschehene recht schnell verarbeitet, braucht beispielsweise eine Rosie lange, um mit dem allfälligen Verlust ihres Mannes umzugehen. Die Macher zeichnen die verschiedenen Figuren jeweils sehr liebevoll und achten auf jedes noch so kleine Detail. Dabei wirken die Figuren real und glaubhaft, auf der anderen Seite sind sie aber doch sehr überspitzt und übertrieben, sei das, dass sie in ihrer Art sehr klischeehaft sind (Shannon, Hurley), oder eine ultradüstere Vergangenheit haben (Sawyer, Sayid & Jin). Diese Ambivalenz zwischen Realität und Fiktion gefällt mir gut, auch wenn sie sehr erschreckend wirkt, da sie mit dem Bild der sehr realen Serie, die man in den ersten paar Folgen zeigt, auf ziemlich unzimperliche Art und Weise bricht. Wenn man so liest und hört, was sich in den kommenden Staffeln plusminus zutragen wird, dann ist das wohl gar nichts dagegen. 😉

LOST zu sehen ist wie, wenn man einem Künstler dabei zusieht, wie er sein Bild zeichnet. Man sieht jeden Schritt und erkennt Neues, doch der Künstler hat schon eine Vorstellung, was er genau darstellen will. Bei LOST ist man immer mittendrin, man weiss immer genau gleich viel, wie die Figuren, die Macher verraten einem überhaupt nichts, was die Figuren nicht auch wissen. So ist man jeweils gleich schockiert, gleich überrascht und gleich gespannt, denn mit der Zeit lernt man – es kann alles passieren. Ich hätte beispielsweise echt nicht gedacht, dass Aaron noch ein zweites Mal entführt wird, oder dass Walt urplötzlich entführt wird. Und schrie beinahe auf, als Charlie die heroingefüllten Madonnenstatuen findet.

Doch es gibt in LOST nicht nur melancholische Momente und hierfür sorgen oft die Tollpatsche Hurley und Charlie, mit ihren Golfplätzen und Versuchen, eine Hängebrücke zu überqueren, aber auch Sawyer mit seiner nicht enden wollenden Liste an Nicknames und seinem überbrodelnden Zynismus gefallen einem und lockern die anfänglich bedrückte Stimmung doch auf. Ich finde das sehr gut, weil solche Szenen eine gewisse Ruhe und Ordnung in die Serie bringen, und man nicht jedesmal das Gefühl haben muss, dass gleich etwas Schlimmes passieren muss. Es ist aber nicht so, dass auf der Insel alles happyfluppi ist. Es gibt auch viel Tragik, kaum eine Serie verbindet sämtliche Elemente modernen Kinos so gekonnt innerhalb einer Fernsehserie, wie LOST.

Bis vielleicht auf die Effekte. Die haben mich echt nicht vom Hocker gerissen. Ich glaube zwar immer noch fest daran, dass das (Rauch-)Monster echt so billig aussehen muss (das ist das Coole an Deus Ex Machina, man kann alles irgendwie rechtfertigen), aber der Eisbär, der Walt einmal attackierte war ähnlich billig gestaltet, wie die Explosion von Arzt – der im Übrigen epischsten Szene der ganzen Staffel! Ich hab mir noch gedacht, wenn der weiter an der Stange rumnestelt geht der hoch, und bamm! 😀 Das war mal ein Schock. Aber gerade diese Szene offenbarte, wieviel Nachholungsbedarf es in LOST doch gibt, was die Effekte angeht, denn die Explosion sah wirklich unglaublich unecht aus.

Für die sanfte Musik, die meist im Hintergrund vor sich hinspielt, sorgt Oscarpreisträger Michael Giacchino. Meist lediglich aus Akkorden bestehende Melodien sorgen für eine idyllische und melancholische Stimmung, die sich unweigerlich auf der Insel breitmacht, während rasche und sehr streicherlastige Klänge die eher hektischeren oder dramatischeren Szenen untermalen. Giacchinos Musik stellt sich dennoch nicht in den Vordergrund, sondern klingt einfach sanft (oder eben hektisch) vor sich hin und unterstützt das Feeling der jeweiligen Szene perfekt. Ein gelungenes Beispiel für Untermalung einer melancholischen Szene ist dieses Stück hier:

[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=2Hre5fkdq-0]

Und nicht zu vergessen, Damien Rice‘ „Delicate“ oder der Klassiker „La Mer„, die beide je am Ende einer Folge erklingen.

So oder so hat sich LOST zu meiner absoluten Lieblingsserie hochgepusht, mit einer tollen Story, epischen Charakteren, coolen Szenen, vielen grossen Fragezeichen, schönen Bildern und guter Musik. Meine Favoriten sind da mit Sicherheit Sawyer, Hurley und Charlie 😀

Liebster Maloney, die 2. Staffel ist hiermit offiziell bei Ihnen geordert.

Meine Lieblingsfolgen:

  1. S1E18 – Numbers
  2. S1E01 – Pilot, Part 1
  3. S1E17 – … In Translation
  4. S1E03 – Walkabout
  5. S1E25 – Exodus: Part 3

Ebenfalls lesenswert, das Review von Dr. Borstel, der zwar auch schon einiges über die Folgestaffeln verrät. Nichts, das ich nicht geahnt hätte, aber tja.

  • juliaL49

    Nicht weiter gucken! Die erste Staffel war toll und kann für sich alleine stehen (Cliffhanger ignorieren). Danach habe es zwar auch gute Momente, aber aufgrund der immer verwirrenderen Story muss man alles gucken und ist auf Gedeih und Verderb den irren Ideen ausgeliefert, die um jeden Preis noch eine und noch eine Staffel hergeben muss.

    AntwortenAntworten
  • juliaL49

    Ich habe den Fehler gemacht, die zweite Staffel zu sehen und will dich davor bewahren 🙂 Nach der dritten habe ich dann aufgehört, weil es einfach zu dämlich wurde. Dann hat mich irgendwas wieder dazu gebracht, es nochmal zu versuchen und die vierte Staffel habe ich dann auch gesehen, aber es war dann keine große Überwindung mehr, danach aufzuhören. Die letzten beiden Staffeln haben mich überhaupt nicht interessiert und jedes Gejammere über die nächste dumme Folge habe ich dann genüsslich registriert.

    Das Problem ist, dass die erste Staffel eine tolle Idee als Grundlage hatte, die eben von vornherein nur die paar Folgen funktionierte. Aufgrund der extremen Popularität hat man sich eben neue Elemente aus den Fingern gesogen, die wirklich immer absurder wurden. So verschob sich der Ansatz von Drama auf Mystery und das hat mir überhaupt nicht gefallen. Kann sein, dass es dir anders geht, aber das solltest du bedenken.

    AntwortenAntworten
  • donpozuelo

    Na klar muss man LOST gucken. Ganz großes Kino… äh… Fernsehen. 🙂
    Ich habe es geliebt, mitgelitten, mitgefreut und sogar das Ende für sehr gut empfunden.

    AntwortenAntworten
  • Dr. Borstel

    Hm, mein Review ist ja eigentlich keines, mehr eine ausführliche Zusammenfassung mit allen nur erdenklichen Spoilern, von der ich bis heute nicht weiß, warum ich sie eigentlich geschrieben habe. 😉

    Sei’s drum, schön, dass die erste dir gefallen hat. Und immer schön weitergucken. Ich freue mich schon auf ein gigantisches WTF nach dem Ende der dritten Staffel. 😀

    AntwortenAntworten
  • Dr. Borstel

    JEDES Staffelende bei „Lost“ ist ein einziges WTF, da nützen auch Vorwarnungen nichts. 😉

    AntwortenAntworten
  • Dr. Borstel

    Auf keinen Fall!

    AntwortenAntworten
  • Dr. Borstel

    Ooooh, ich würde so gerne spoilern. 😉

    AntwortenAntworten
  • Dr. Borstel

    Hehe, keine Sorge, ich halte mich schon zurück. Es gibt nichts Furchtbareres als „Lost“-Spoiler.

    AntwortenAntworten
  • Dr. Borstel

    Ach, Boone war doch eh doof. 😀

    AntwortenAntworten
  • LOST – Staffel 2 « Ploppers Wörld

    […] der bombastischen und bei den Kritiken sehr erfolgreichen ersten Staffel von LOST legten die Macher noch einen drauf, und warteten für die zweite Runde mit einer […]

Kommentar schreiben